Verborgene Schätze
Das Motto des diesjährigen Weltgästeführertages, der im Februar stattfindet, lautet „Verborgene Schätze“.
Diesem Wahlspruch entsprechend werden wir hier in lockeren Abständen Hildesheimer Schätze vorstellen. Das können beispielsweise selten gezeigte Gegenstände, städtische Anlagen, (Wand-)Bilder und andere Kunstwerke, Schriftquellen, aber auch Personen und auch das immaterielle Erbe unserer Stadt wie die Zünfte oder Handelsbeziehungen oder Esskultur sein. Lassen Sie sich überraschen!

Von Heringswäschern und Hildesheimer Hanse-Aktivitäten
Heringe in Hildesheim? Im Mittelalter war der Handel mit gesalzenem Hering eines der wichtigsten Geschäftsmodelle der Hanse. 1267/1268 wird Hildesheim erstmals als Mitglied der Hanse erwähnt, seit 1293 ist der Handel mit dem Ostseeraum belegt.
Die Hanse war ein Zusammenschluss von Kaufleuten und Städten vorwiegend im Nord- und Ostseeraum, um gemeinsame Interessen im Handel durchzusetzen. Der Warenverkehr mit entfernteren Gebieten war aufgrund des Vordringens der Kaufleute über die Nord- und Ostsee und des Bevölkerungswachstums in den Städten wie Hildesheim immer wichtiger geworden.
Alte Urkunden können uns viel über die Vergangenheit erzählen: Hildesheim wird als Hansemitglied erstmalig in einer Urkunde aus dem Jahr 1267 / 1268 erwähnt, und zwar im Zusammenhang mit einer Beschwerde, die Hildesheimer vereint mit anderen Hansestädten, beispielsweise mit Hamburg und Bremen, bei der flämischen Stadt Gent vorbringen. Sie weigern sich, für den Schaden, den ein Genter Kaufmann in Sachsen durch einen Straßenraub erlitten hat, persönlich haftbar gemacht zu werden. Gent will nämlich die in ihrer Stadt lagernden Waren u.a. der Hildesheimer beschlagnahmen, um den überfallenen Genter zu entschädigen.
Flandern war ein wichtiger Handelspartner der Hildesheimer Kaufleute, seit dem Ende des 13. Jahrhunderts wurde auch der Ostseeraum immer bedeutsamer, im 14. Jahrhundert trieben Hildesheimer Handel bis Stockholm. Aus Schweden kamen große Mengen des Herings, der bis nach Südeuropa verkauft wurde, seitdem Salz als Konservierungsstoff in ausreichender Menge zur Verfügung stand. Die Fische wurden vor Ort, zumeist von Frauen, ausgenommen und zwischen reines Salz geschichtet. Nach ein paar Tagen wurden die Heringe in mit Salzlake gefüllte Fässer gelegt, die dann mit Schiffen oder über Land transportiert wurden. 20 Prozent der 900 bis 1000 Fische fassenden Tonnen bestanden aus Salz. Der Hering avancierte in den Wintermonaten bis Ostern zur preiswerten Standardfastennahrung.
Die Mitglieder der Hildesheimer Gilde der Heringswäscher lebten sowohl vom Klein- als auch vom Fernhandel. Letzterer wurde durch die Mitgliedschaft Hildesheims in der Hanse begünstigt. Die Heringswäscher wässerten den Fisch wohl ursprünglich im Hoken, dann aber wies ihnen der Rat der Stadt ein Gebäude außerhalb der alten Stadtmauern zu. Fortan wurde im Heringshaus am Hagen gewässert. Das diente der Essbarkeit der Fische und dem Erhalt der Qualität, auf die der Rat der Stadt großen Wert legte. Der Marktmeister war angewiesen, darauf zu achten, dass nur richtig gewässerter Fisch angeboten wurde. So musste eine Witwe eine empfindliche Buße zahlen, weil sie Stockfisch mit Kalkwasser behandelt hatte.
1669 fand der letzte Hansetag statt, an dem auch Hildesheim teilnahm. Danach zerfiel die Hanse. Diese wurde 1980 im niederländischen Zwolle neu gegründet. Hildesheim wurde daraus jedoch im letzten Jahr aufgrund nicht gezahlter Mitgliedsbeiträge entfernt.